Segel Yacht 
A R I E L 
 

Transatlantic

Februar 2018


3.156 sm 1.2. - 21.2.2018

       

Tazacorte/ La Palma – Marina Boca Chica/ Dominikanische Republik

1. – 22.Februar 2018

   

Start in Tazacorte/ La Palma

   

Ich sitze hier am Kartentisch der ARIEL. Die ersten 1000 sm liegen hinter uns. Der NE-Passat bläst kräftig mit Bf 6 und das Schiff rauscht stark gerefft dahin. Die Windsteueranlage tut brav ihren Dienst, seit Tazacorte haben wir die Pinne nicht mehr angefaßt. Gelegentliche Schauerböen lassen das Log auf über 10 kn hochschnellen. Im Durchschnitt liegen die Etmale um 160 sm/ Tag. Die Wetterkarten sowohl aus Pinneberg als auch aus Boston zeigen ein stabiles Azorenhoch; furchterregende Sturmtiefs ziehen hoch über Grönland und Island, doch ihre Kaltfronten reichen weit nach Süden. Drei Meter hohe Wellen kommen schräg von achtern, laufen schäumend unter ARIEL durch und wollen vor uns am Karibikstrand auslaufen. Trotz 20°C Lufttemperatur will ein Gefühl von „Barfußroute“ nicht aufkommen!

 

 

 

 

 

 

Stark gerefft im Passat

 

Was machen die überhaupt den ganzen Tag?

 

Der Tag auf See richtet sich nachts ganz nach dem Wachrhythmus, tagsüber handhaben wir den Zeitplan lockerer.

Unser Ablauf auf Ariel sieht so aus:

08:00 Frühstück gemeinsam mit der letzten Nachtwache. Die Nachtwache kocht schon mal den Kaffee, während die Morgenwache aufsteht.

12:00 Mittagsbesteck (astronomisch, falls die Sonne scheint), Etmal feststellen, Wetterkarten, die über Nacht eingegangen sind, auswerten und einkleben

            Grib Files (Wetterwelt o.ä.) über Satellit herunterladen. Wettertaktik besprechen.

            Mittagessen

       

Was gibt´s zu essen? „Wir kochen später im Hafen“ – das geht auf einer dreiwöchigen Atlantiktour nicht. Yachten mit Tiefkühlkapazitäten für diese Zeit werden wohl auch erst mal die Ausnahme sein.

So wird die Mittagstafel in den ersten 7 – 10 Tagen durchaus noch mit dem vor der Abfahrt gekauften Gemüse abwechslungsreich zu gestalten sein (es empfiehlt sich der Einkauf auf lokalen Märkten, womöglich nach vorherigem Testkauf). Während der zweiten Hälfte der Reise sind dann die Konserven dran. Kartoffeln und Zwiebeln sollten sich bei luftiger Lagerung drei Wochen halten.

Die jetzige Reise fand überwiegend bei Starkwind statt. Dabei erweist sich das Kochen als eine durchaus gefahrengeneigte Tätigkeit. Verbrennungen, Schnittwunden, Prellungen bis hin zum Sturzflug quer durch die Pantry sind möglich.

Ein Gurtsystem, das dem Koch einen festen Halt gibt und mit dem er doch alle Gerätschaften in Griffweite hat macht Sinn! Kochhandschuhe beim Abgießen schützen vor Verbrennungen. Rutschfeste Unterlagen auf Kursen, die das Schiff rollen lassen, haben sich sehr bewährt. Einmal in Fahrt gekommen kann auch das schönste Süllbord den Sturzflug einer Dose oder eines Topfes nicht mehr bremsen. Große Töpfe und Pfannen mit hohem Rand sind zu empfehlen. Wenn alle Gerichte mit geringem Aufwand an Utensilien herzustellen sind wird es auch der anschließende Spülgast dankbar bemerken.

     

15:00    Kaffee/Tee

17:00 Abendessen vorbereiten

18:00    Abendessen

19:00    Klar Schiff (bei Einbruch der Dunkelheit)

20:00    Erste Wache

00:00 2. Wache (Mittelwache)

04:00 3. Wache

Segelmanöver versuchen wir nach Möglichkeit in die Zeiten des Wachwechsels zu verschieben, Alleingänge auf´s Vorschiff sollen nachts vermieden werden.

         

 

Zwischenfälle

   

Samstag, 10.2.2018.

Wir laufen mit doppelt gerefftem Großsegel II. Wind um 25-30 kn in Böen auch deutlich mehr.

„Komm mal schnell, das Boot läuft aus dem Ruder!“ Schnell raus aus der Koje, Schwimmweste über den Schlafanzug, finstere Nacht, es pfeifft der Wind. In der Tat wir fahren mit flatterndem Großsegel nach Süden. „Die Selbststeueranlage konnte wohl das Schiff nicht halten, wir haben ja Böen um Bf 8“. Also per Hand wieder auf raumen Wind gegangen, Windanlage wieder eingestellt und schnell weiterschlafen. Eine Viertelstunde später: „Komm nochmal, fast hätten wir eine Patenthalse gemacht!“ Komisch, sieht eigentlich alles normal aus. „Bleib mal am Ruder sitzen, es müßte alles gut sein!“  Eine Stunde später Wachwechsel. „Ich mußte immer wieder eingreifen, aber sonst ging es“. Jetzt will ich es genau wissen und klettere angeleint mit der Taschenlampe auf das Achterdeck. Alle Steuerseile fest, Schubstange fest, Ruder im Wasser – Ruder?? Wo ist das Ruder? Abgebrochen! Fehlt! Nur der kleine Ruderkopf zischt noch durchs Wasser.

Da ist das Schiff doch nur unter gerefftem Großsegel vor dem Wind mehr oder weniger allein gelaufen! Kompliment Herr Dijkstra, ein toller Riß! Daß so etwas möglich ist!

Nun aber erst mal die elektrische Selbststeuerung eingeschaltet und Ruhe einkehren lassen. Ruhe? Das Arbeiten des Motors ist nervtötend laut, der Stromverbrauch beängstigend.

Bei Tag sieht der Schaden reparabel aus. Ein Sitzbrett des Beibootes wird zum Ersatzruderblatt zurechtgesägt, angepaßt und eingebaut. Welches Glück, die Windsteuerung wieder in Betrieb nehmen zu können. Ruhe herrscht wieder im Schiff. Ängstlicher Blick über das Heck – alles hält die Reparatur bewährt sich.

Dazu haben wir heute Bergfest! 1500 sm seit Tazacorte. Die erste Hälfte ist geschafft; von jetzt an geht´s „bergab“.

          

Landfall

 

Heute ist Samstag, der 18. Februar. Ich habe die dritte Wache. 3:45 Bordzeit: „Guten Morgen, aufstehen!“ Es ist warm. T-Shirt und kurze Hose genügen, nur bei mehr Wind ist eine Jacke angenehm.

Den sichelförmigen Zunehmenden Mond haben wir gestern abend noch kurz gesehen, jetzt steht ein prächtiger Sternenhimmel über uns. Vor lauter Sternen fällt es mir schwer, die Sternbilder zu unterscheiden. Der Orion ist während der Nacht von achtern über das Schiff gezogen und versteckt sich jetzt hinter dem weit aufgefierten Großsegel. Der Große Wagen und der Polarstern grüßen von Steuerbord, Arcturus steht im Zenith. Und Backbord voraus? Am Horizont zwei Lichtzonen – das müssen Barbuda und Antigua sein! Nach 17 Tagen auf See läßt sich wieder Land erahnen. Erleichterung und etwas Stolz kommen auf.

Gestern haben wir zur Vorsicht und zur Übung noch die Mittagsbreite bestimmt. Ein Unterschied von 2 sm bestätigt unsere Position.

 

 

 

 


Heute Abend wollen wir vor St. Barthélémy kurz ankern, um im Mast einen verschobenen Beschlag zu richten und die Bolzen unseres Stromgenerators Watt&Sea neu zu befestigen. Obwohl „selbstsichernd“ hatten sich die Muttern von den Befestigungsbolzen gelöst und das gute Teil schwamm funktionslos hinter dem Schiff.

Dann geht´s gleich weiter zum endgültigen „Zielanflug“ südlich entlang der Virgin Islands und Puerto Rico zur Dominikanischen Republik

        

Ankunft in der Dominikanischen Republik

   

Montag, 19.2.2018: Gestern hat der Kurzstop auf St. Barth gut geklappt. Unbehelligt haben wir in der Abendsonne vor Gustavia geankert, haben rasch oben im Mast das Backstag wieder richtig eingehängt und dann noch vom Beiboot aus den Watt&Sea Generator neu befestigt. Nach einer guten Stunde geht im letzten Abendlicht der Anker wieder hoch. British und American Virgin Islands bleiben an Stb.. Mittags liegt St.Croix BB. querab, nun noch über Nacht an Puerto Rico vorbei!

 

Dienstag, 20.2.2018: In Lee von Puerto Rico läßt der Wind nach. Der Seegang leider nicht. Vielmehr kommt, je mehr wir uns der Mona Passage nähern, noch Schwell von Norden dazu. Um 09:00 haben wir Puerto Rico endgültig passiert und werden bei schwachem Wind kräftig durchgeschüttelt. Das Schiff torkelt von einer Seite auf die andere, die Segel knallen, der Baumniederholer ächzt, unter Deck klappert alles, was nicht bombenfest verstaut ist. Nur weg hier! Motor an und raus auf die Mona Passage.

Fünf Stunden dauert die Qual! Dann plötzlich wieder die altbekannten Schaumkronen. Endlich wieder segeln, Motor aus!

Eine Stunde später erstes Reff, Neptun grüßt nochmal und schickt einen Wasserschwall in´s Cockpit. 16:00 Insel Mona querab. Ein flaches Inselchen, das kaum Abdeckung bietet. 2. Reff eingelegt bei Böen über 35 kn (so knappe Bf 8). Wir schießen auf Hispaniola zu. Um Mitternacht erreichen wir die der Südostecke der Dom. Rep. vorgelagerte Insel Isla Saona und kommen langsam in ihre Abdeckung. Der windigste Teil der Reise ist wohl geschafft.

    

Mittwoch, 21.2.2018

Als Einlaufhafen war ursprünglich die Marina Punta Cana auf der Ostseite der Dom. Rep. vorgesehen. Beim gestrigen Wind wäre es wahnwitzig gewesen auf eine unbekannte Einfahrt in Lee zuzurasen. Daher Entscheidung für die Marina Casa de Campo, die an der Südküste liegt. Ganz in Ruhe segeln wir nun hart am Wind in Landschutz in die Boca de Chavón, wo die Marina liegt. 3000 sm liegen hinter uns, drei Wochen Seefahrt – wie schön, gleich unter die Dusche zu gehen, in der Hafenbar ein Bier zu trinken und dann durchzuschlafen. UKW Anruf von der Marina: Was wir im Hafen vorhätten? „Do you have a slip for us?“ „Negative! We are booked out completely. But you may anchor and come in for immigration“.  Ein freundlicher Marinaangestellter fährt uns mit seinem RIB zum vorgesehenen Ankerplatz voraus und nimmt mich dann mit an Land. Na, erst mal einklarieren dann wird sich doch sicher etwas machen lassen! Sehr freundliches Personal empfängt mich. Marine, Zoll und Einwanderungsbehörde lassen sich ihre Formulare ausfüllen und kassieren die amtlichen Gebühren. Nur mit der Marina komme ich nicht weiter. Immer freundlich, aber beinhart: nein, es gäbe wirklich keinen Platz, es sei Fischsaison, die leeren Plätze schon im voraus vergeben. Die meisten Plätze seien ohnehin privat und selbst unser Ankerplatz sei privat und wir könnten da nur zum Einklarieren bleiben.

Unsere Stimmung kann sich jeder vorstellen. Weit gesegelt dafür!

Nützt aber nichts. Die nächste Marina liegt ca. 35 sm weiter im Westen, der Tag ist noch jung, der Wind frischt wieder auf – also los zum Zieleinlauf!!!

Nochmal rauschen wir von Schauerböen und kräftigem Passat getrieben mit gerefftem Großsegel an der Küste entlang, immer die Angst im Nacken wir könnten vielleicht zu spät kommen und müßten im Dunklen einen Ankerplatz suchen.

 

 

 

 

Die Einfahrt nach Boca Chica ist zwar gut betonnt, nichts desto weniger spektakulär durch eine Rifflücke mit brechenden Wellen auf beiden Seiten. Schließlich in einer Art Lagune stilles Wasser, am Steg der Marina warten schon die Helfer. Fender und Leinen vorbereiten, vorsichtig rückwärts in die Box „einparken“, viele helfende Hände greifen nach den Leinen, fest, Motor aus.

Wir sind endgültig angekommen.

Duschen? Wäsche waschen? Einkaufen? Sightseeing? – Mañana!

 

 

 

 

Um uns herum Karibik pur: smaragdgrünes Wasser, Strandleben, Party allenthalben.

Wir genießen den Sundowner im Cockpit und fühlen uns so richtig wohl.